Der Fuchs springt mit aller Kraft hoch, versucht die süßesten Trauben des Weinstocks zu erwischen. Aber er springt zu kurz, schafft es einfach nicht. „Pah, die sind eh sauer, sollen sie doch hängen bleiben“, sagt er und schreitet hoch erhobenen Hauptes in den Wald zurück. Vor über zweieinhalbtausend Jahren schon zeigte der griechische Fabeldichter Äsop, wie vernünftig unvernünftig wir uns oft verhalten. Heute liefern die Verhaltensökonomie und die neue Hirnforschung fast täglich neue Beweise dieser Selbsttäuschungsstrategien. 52 der prägnantesten und skurrilsten „Denkfehler“ hat jetzt der Schriftsteller und Unternehmer Rolf Dobelli zusammengetragen. In „Die Kunst des klaren Denkens“ bietet er sehr gute Unterhaltung, die spielend erkenntnistheoretischen Mehrwert liefert.
Wir denken leider wie Fred Feuerstein
Wenn ein paar Leute in den Himmel schauen, recken auch wir unseren Kopf. Wenn am Spieltisch die Kugel ein paar Mal hintereinander auf „Schwarz“ fällt, wetten wir auf „Rot“. Wenn die Katastrophe da ist, haben sie plötzlich alle kommen sehen (vorher aber nicht). Warum unterlaufen uns solche Denkfehler am laufenden Band? Rolf Dobelli erklärt das mit der „kalten“ Theorie der Irrationalität. Demnach ist das Denken eine biologische Veranstaltung, die sich evolutionär entwickelt hat. Allerdings nicht so schnell, wie unsere äußere Umgebung.
„Mit geht’s doch gut,“ sagte die Weihnachtsgans am 23. Dezember
Und so fallen wir heute noch auf den Herdentrieb herein (wenn plötzlich einige aus der Gruppe anfangen zu rennen, haben sie möglicherweise ein Wollnashorn gesehen und es ist sinnvoll, auch zu rennen.) Und anstatt Risiken und Chancen eines Projekts (oder einer Aktie) anhand sinnvoller Kriterien richtig einzuschätzen, schauen wir lieber, wie sich das Projekt in der Vergangenheit entwickelt hat. Als steckte in der Vergangenheit immer das Wissen um die Zukunft („Mir geht’s doch gut!“, sagte die Weihnachtsgans am 23. Dezember).
Wann es besser ist, nicht nachzudenken
Seit sechs Jahren sammelt Rolf Dobelli Studien und Artikel über die allzu menschlichen Denkschwächen – um bei wichtigen Entscheidungen nicht in die nächstbeste Falle zu tappen. Aber auch, um bei weniger wichtigen Fragen, einfach aus dem Bauch heraus zu entscheiden. Denn „klar zu denken ist aufwendig. Darum: Wenn der mögliche Schaden klein ist ¿ zerbrechen Sie sich nicht den Kopf.“ Managementbuch.de – Fazit: Jede der 52 kurzen Denkfehler-Geschichten ist von der ersten bis zur letzten Zeile ausgefeilt und sehr schön komponiert. Literarischer sind die neuen Erkenntnisse der Hirnforschung und der Verhaltensökonomie nicht zu haben.
Wolfgang Hanfstein, www.Managementbuch.de
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