Schon mal was vom Volkswagenerfinder Josef Ganz gehört?

Eher zufällig stolperte der Maschinenbauingenieur Paul Schilperoord in einer amerikanischen Zeitschrift über den Namen Josef Ganz. Ganz habe, so stand da zu lesen, lange vor Ferdinand Porsche einen Kleinwagen entwickelt, der alle wesentlichen Eigenschaften des Käfers aufwies. Der Maschinenbauingenieur forschte nach – und entdeckte einen der produktivsten Entwickler in der Geschichte des Automobils. Josef Ganz fuhr nicht nur schon 1933 mit einem selbst gebauten “Maikäfer” durch Frankfurt. Er stellte auch auf der “Internationalen Automobil- und Motorradausstellung” (IAMA) mit dem “Standard Superior” den ersten seriengefertigten “Volkswagen” vor. Warum der Name Josef Ganz dennoch aus den Annalen der Automobilgeschichte verschwunden ist, zeichnet Paul Schilperoord in diesem Buch erschreckend und minutiös nach.

Die Emanzipation des Autos von der Kutsche

So wie heute die Innovationen aus den IT-Laboren rund um die Welt den Takt angeben, so drehte sich damals an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert alles um die Entwicklung der neuen Mobilität. Josef Ganz erlebte die Ablösung der alten, von Pferden gezogenen Trambahn durch die Dampfstraßenbahn – und er wurde Zeuge, wie sich das Auto weg von der motorisierten Kutsche hin zu einem eigenständigen Fahrzeug entwickelte. Das Auto sollte die absolute Leidenschaft von Josef Ganz werden. Inspiriert von Henry Ford entwickelte er früh die Idee von einem Auto für alle. Und er setzte diese Idee auch um! Zum einen trommelte er als Chefredakteur der Zeitschrift Motor-Kritik für den Mut zur Innovation, zum anderen war er maßgeblich und mit vielen Patenten an der Entwicklung der zukunftsweisenden Einzelradaufhängung beteiligt. Vorläufiger Höhepunkt war die Fertigung des Prototyps “Maikäfer”. Ein außerordentlich stabiles Auto mit hervorragenden Fahreigenschaften, das durch die Reduktion aufs Wesentliche glänzte.

Kleinwagen kommen nicht in die Tüte ¿ bis der Führer spricht

Ganz propagierte in seiner Zeitschrift den Volkswagen, forderte die Industrie auf, endlich von der Produktion der alten, teuren Ungetüme auf innovative günstige Wagen umzustellen. Er hatte dazu auch eine klare Preisvorstellung. 1.500 Mark sollte das Auto kosten und keinen Pfennig mehr. Die Konstruktionszeichnungen lieferte er in seiner Zeitschrift quasi gratis mit. Aber die Konzerne sperrten sich. Warum sollten sie sich den Markt für teuere Autos durch kleine Wagen kaputtmachen? Hitler, der die Forderungen und Arbeiten des prominenten Motor-Kritikers und Entwicklers Josef Ganz kannte, machte nach der Machtübernahme kurzen Prozess. Er diktierte der Automobilindustrie das Projekt “Volkswagen”. Aber anders, als Josef Ganz erhoffte, wurde nicht er Chef eines firmenübergreifenden Entwicklerteams. Diesen Posten bekam Ferdinand Porsche. Denn Josef Ganz war Jude.

Ein unglaubliches Stück deutscher Vergangenheit

Paul Schilperoord stieß bei seinen Recherchen auf nie zuvor veröffentlichtes Bildmaterial und auf unzählige Dokumente. Er beschreibt, wie Josef Ganz, von der Gestapo verfolgt, in der Schweiz landete. Wie sich die Nazis nicht nur den Besitz von Josef Ganz unter den Nagel rissen, sondern auch seine Patente. Und er zeigt, wie Ferdinand Porsche im Volkswagen wesentliche Entwicklungen weiterführte. Managementbuch.de – Fazit: “Die wahre Geschichte des VW-Käfers” beschreibt ein unglaubliches Stück deutscher Vergangenheit. Zwar schreibt Schilperoord recht hölzern und manchmal wünscht man sich statt des Ingenieurs einen Historiker als Autor, doch was Schilperoord auftischt, ist enorm. Es gebührt ihm das Verdienst, Fotos und Dokumente ans Licht gebracht zu haben, die sonst wohl für immer im Dunkeln geblieben wären. Nicht zuletzt ist “Die wahre Geschichte des VW-Käfers” auch eine späte Referenz an den genialen Konstrukteur und Erfinder Josef Ganz.

Wolfgang Hanfstein, www.Managementbuch.de

Zum Buch:


Paul Schilperoord: Die wahre Geschichte des VW-Käfers. Wie die Nazis Josef Ganz die VW-Patente stahlen. Durchgehend s/w Fotos. Übersetzt von Paul von Ooijen, Peter Wydler. Huber Verlag.Mai 2011

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