Kann Deutschland Karriere machen?

Stuttgart21 war das Totenglöckchen für Deutschlands Top-down-Kultur. Man isst nicht mehr, was auf den Tisch kommt. Und schluckt längst nicht mehr alles, was “die da oben” vorsetzen. Bürgerbeteiligung, Mediation, Dialog und Transparenz heißen die Schlagworte, mit denen neue Politik gemacht werden soll. Aber Stuttgart21 zeigte auch, dass die Lautesten nicht unbedingt die Mehrheit sind. Und dass einige Tausend Facebook-Fans noch lange kein Bundesland und erst recht keinen Staat machen. Dennoch wird es ein einfaches “weiter so” nicht geben. Einen Schritt in eine neue Richtung gibt jetzt die Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich vor. Mit dem “Zukunftsdialog” hat sie vor zwei Jahren mit Experten und Bürgern das Gespräch über Deutschlands Zukunft eröffnet. Auch ein Schritt zu einem neuen Politikverständnis, der jetzt im von Angela Merkel herausgegebenen Band “Dialog über Deutschlands Zukunft” dokumentiert wird. Ein Buch über deutsche Befindlichkeiten. Und ein Buch über Deutschlands Chancen.

Drei große Fragen, über die ohne Parteibuch diskutiert wird

Keine Parteipolitik, nicht das übliche Gezänk, sondern drei große Fragen sollten im Mittelpunkt des Zukunftsdialogs stehen:
1. Wie wollen wir zusammenleben?
2. Wovon wollen wir leben?
3. Wie wollen wir lernen?
Mehr als 120 Experten unterschiedlichster Fachrichtungen haben sich diese Fragen zur Brust genommen und nach Antworten gesucht, die nicht von Parteiprogrammen diktiert sind. Dabei waren u.a. der Hirnforscher Gerald Hüther (“Wir brauchen Coaches zur Potenzialentfaltung”), die Direktorin der evangelischen Schule Berlin Zentrum (Jedes Kind ist hochbegabt – und zwar jedes auf seine Weise) oder Klaus Henning, Ex-Prof. der RWTH Aachen (22.000 Unternehmen suchen händeringend Nachfolger).

Die Kanzlerin redet nicht, sondern hört zu

Die Kanzlerin ist in diesen Runden “nur” die Stichwortgeberin, die gelegentlich nachfragt. Die Show gehört den anderen. Auch den “ganz normalen” Bürgern. Denn in drei Bürgergesprächen in Erfurt, Bielefeld und Heidelberg hatten jeweils 100 Bürger die Gelegenheit, ihre Fragen und Vorschläge direkt an die Kanzlerin zu richten. Und dann gab es noch den “Online-Dialog”, der immerhin fast zwei Millionen Besucher zählte und für 74.000 Kommentare sorgte, die längst noch nicht alle ausgewertet sind. Ziel des “Zukunftsdialogs” war es, umsetzbare Politikvorschläge auf den Tisch zu bringen. Die nächsten Monate werden zeigen, ob diese Rechnung aufgeht.

Der allzu brave Schwiegersohn

Die Dokumentation “Dialog über Deutschlands Zukunft” ist lesenswert, weil sie über den Katastrophenjournalismus der Tageszeitungen weit hinausgeht. Dazu tragen vor allem die interessant besetzten Expertenrunden bei. In deren Verlauf skizzierte zum Beispiel der indische Wirtschaftsautor Subhash Agrawal ein überraschendes Psychogramm unserer Nation: “Deutschland erinnert mich an den 50-jährigen, gut aussehenden, gut ausgebildeten und gut verdienenden Sohn, der immer noch bei seinen Eltern wohnt, weil ein traumatisches Kindheitserlebnis ihn daran hindert, endlich auszuziehen und sein eigenes Leben zu führen. Managementbuch.de – Fazit: Angela Merkel wollte mit dem “Zukunftsdialog” einen neuen politischen Stil ausprobieren. Ein guter Anfang ist gemacht, wie die Dokumentation “Dialog über Deutschlands Zukunft” sehr schön zeigt.

Wolfgang Hanfstein, www.Managementbuch.de

Zum Buch:

>> Dialog über Deutschlands Zukunft. Herausgegeben von Angela Merkel. Murmann Verlag. Juli 2012

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