Wenn sich die Kids im Cyberspace verrennen

20025644_20025644_xlDie Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Internet und Computerspiele exzessiv nutzen, nimmt unaufhörlich zu. Der Weg in die Sucht ist dabei kürzer, als viele Eltern sich eingestehen wollen. In ihrem vortrefflich recherchierten und aufbereiteten Buch „Computersüchtig?“ nehmen Wolfgang Bergmann (Lern- und Kinderpsychologe) und Gerald Hüther (Hirnforscher) die Ursachen, Präventionsmöglichkeiten und Therapieansätze der Computersucht von Kindern und Jugendlichen unter die Lupe.

Jeder 7te Jugendliche ist gefährdet

Allein diese Zahlen sollten Alarm auslösen: Gemäß einer Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen sitzt mehr als jeder 7te Junge im Pubertätsalter länger als 4,5 Stunden vor der Kiste. Täglich wohlgemerkt. Bei Mädchen im gleichen Alter ist der Wert deutlich geringer.

Akribisch leiten die beiden Autoren die Verlockungen her, die PC und Internet zur Freizeitbeschäftigung Nummer eins machen. Ganz gleich ob Chat oder „World of Warcraft“: Das Internet ist universell verfügbar, es überwindet normale Zeit- und Raumempfindungen. Es schafft dabei eine Parallelwelt zu Schule, Sportverein und „Zimmer aufräumen“ voller virtueller Belohnungen und Verzückungen: „Ich vergesse meinen Körper. Ich schwebe durch virtuelle, symbolische Räume, ganz Ich und ganz frei.“ Die Gefahr, die zur Sucht werden kann: „Das erfundene Ich wird bedeutender als das reale Ich im Alltag“. Sehr genau beschreiben die Forscher in der Folge die Auswirkungen der übermäßigen PC-Nutzung, die nicht selten in Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensstörungen („einsam, gelangweilt und unruhig“)Ausdruck findet.

PC-Sucht ist erlernt und muss verlernt werden

Kein Kind wird mit einem PC-Sucht-Gen geboren. Das unermüdliche Einhacken auf die Tastatur ist erlernt, nicht vererbt. Bergmann und Hüther sehen in gestörten Beziehungen der Menschen aus dem direkten Umfeld der Kinder die Hauptursache. Streitende Eltern, aber auch geringe emotionale Zuwendung begünstigen die Flucht an den PC. Mit dieser Erkenntnis werden auch die Therapieansätze abgesteckt. Was man lernen kann, kann man auch verlernen oder zumindest ablegen, „indem man Bedingungen schafft, die es den Betroffenen ermöglichen, das im realen Leben wiederzufinden, was sie beim Älterwerden verloren haben, ihr ursprüngliches, wahres Selbst.“

Roter Reiter-Fazit: „Computersüchtig?“ ist die unaufgeregte Analyse eines wachsenden gesellschaftlichen Problems verbunden mit der eindringlichen Warnung, nicht mehr wegzuschauen, wenn Kinder „ nun noch `ne halbe Stunde surfen wollen“. Gut für alle Eltern, die ihre Kids in der Pubertät besser verstehen und Alternativen zur Online-Zockerei aufzeigen wollen.

Oliver Ibelshäuser www.roter-reiter.de

Wolfgang Bergmann, Gerald Hüther: „Computersüchtig?“, Beltz 2013

Mehr zu “Computersüchtig?” auf Managementbuch.de

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies auf dieser Seite zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen