In der Alltagssprache wird oft nur dürftig zwischen Risiko und Gefahr unterschieden. Dabei handelt es sich um eine wesentliche Unterscheidung. Der Soziologe Niklas Luhmann hat das sehr prägnant am Beispiel der „Gefahr“ beschrieben, in einem Regenschauer nass zu werden. Seit Erfindung der Regenschirme, so Luhmann, läuft man nicht mehr Gefahr, von einem Regenschauer erfasst zu werden. Vielmehr geht man (bewusst oder unbewusst) Risiken ein. Bei strahlendblauem Himmel wird das Risiko relativ klein sein, bei wolkenverhangenem Himmel relativ groß. Jeder kann das nach Gusto entscheiden. Anders vor der Erfindung der Regenschirme. Da setzte man sich tatsächlich immer der Gefahr aus, nass zu werden. Was wir demnach brauchen, ist ein bewusster Umgang mit Risiken. Und dazu leitet Dylan Evans in seinem Buch „RQ. Risikointelligenz. Wie wir richtige Entscheidungen treffen“ an.
Mit Risiken umgehen, heißt, Wahrscheinlichkeiten berechnen.
Mit Risiken umgehen, heißt, Wahrscheinlichkeiten berechnen. Oder mindestens abschätzen. Das sollten wir häufiger bewusst tun, meint Dylan Evans. Und er hat recht. Denn nur allzu oft lassen wir uns von unbewiesenen Behauptungen und groß aufgemachten Mediengeschichten beeinflussen. Zum Beispiel bei der Wahl eines vermeintlich sicheren Urlaubsziels. Da mag dann Bayern als sicheres Urlaubsland den Vorzug erhalten, ungeachtet der Tatsache, dass in absoluten Zahlen gemessen die dort verbreiteten Zecken für die Gesundheit der Urlauber wesentlich gefährlicher sind, als irgendwelche Banditen in unwirtlichen Gegenden.
IQ und RQ stehen in keinerlei Verbindung
Risikointelligenz sieht anders aus. Evans definiert sie „als Fähigkeit, Wahrscheinlichkeiten genau einzuschätzen.“ Interessanterweise hat er bei Probanden keinerlei Verbindung zwischen dem IQ und der Risikointelligenz festgestellt. Im Gegenteil, wer Risiken gut einschätzen konnte, musste nicht zwangsläufig einen hohen IQ haben – was allerdings nichts anderes heißt, als dass der „IQ“ als allgemeiner Intelligenztest nicht viel taugt. Beruhigend: Wir müssen nicht immer auf „volles Risiko“ gehen. Denn die „Risikointelligenz kann erheblich verbessert werden, indem man die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung in einem bestimmten Wissensgebiet praktiziert und trainiert.“
Das kann man sich ausrechnen
Und das sollten wir tun. Denn wir kommen nicht darum herum, Risiken einzugehen. Nur sollten wird das nicht blindlings tun, sondern wissend. Zur harmlosen Sorte dieser Entscheidungen gehören Entscheidungen wie: Zum neuen Flachbildschirm eine Zusatzversicherung kaufen: ja oder nein? (Bitte nicht aus dem Bauch heraus entscheiden!!!). Vor brutalere Entscheidungen stellen uns zuweilen Ärzte. Dylan Evans nimmt das Beispiel Brustkrebs. Die Geschwulst ist gutartig, der Arzt rät Ihnen dennoch zur Amputation. Was tun? Der Autor, Professor für Philosophie und Psychologie, zeigt, was wir tun können, um gefährliche Fallen zu vermeiden und wie wir lernen, intelligenter zu entscheiden. Roter-Reiter-Fazit: Dylans bringt uns spannend und unterhaltsam geschrieben ein Problem und seine Lösung näher. Und zeigt, wie gefährlich es ist, kopflos Risiken einzugehen.
Wolfgang Hanfstein, www.Roter-Reiter.de
Dylan Evans: RQ Risikointelligenz, Droemer
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