Mythen und Fakten in den Wirtschaftsmeldungen (und im unternehmerischen Denken)

“Eine Ende der Krise ist nicht in Sicht: Die Zeiten des Wachstums sind vorbei, die hohen Lohnforderungen der Gewerkschaften zwingen die Wirtschaft in die Knie. Schwellenländer wie China und Indien werden schon bald als Exportweltmeister die Westmächte ablösen. Wegen der Überalterung droht ohnehin in den nächsten Jahren der Innovationskollaps. Und die Griechen sollen endlich sparen.” Derart plakative Schlagzeilen laufen in Dauerschleife durch die Wirtschaftspresse. Wahr oder korrekt werden die Meldungen dadurch aber nicht.

Erste dunkle Wolken am chinesischen Himmel

Henrik Müller nimmt sich in seinem sehr gut recherchierten Buch “Wirtschaftsirrtümer” die 50 populärsten Mythen vor, um sie an Realität und Fakten zu messen. Vieles bleibt dabei auf der Strecke, was nicht nur die Boulevardpresse gerne über die Titelseite streut. Überalterung beispielsweise wird nur dann zum Problemfall der Wirtschaft, wenn Unternehmer am Idealbild junger Eliten kleben bleiben. Schon jetzt sind in Deutschland die Mittvierziger die Innovationstreiber, nicht (nur) die Nachwuchskräfte. Lohnerhöhungen sind keine Konjunkturkiller – sofern sie maßvoll und flexibel vorgenommen werden. Und bitte auch keine Angst vor dem Reich der Mitte: China muss mit gedämpfter Wachstumsprognose leben. “Die großen Schwellenländer trudeln in strukturelle Probleme, die nicht so schnell verschwinden werden.”

Zuwanderung ist nicht der Untergang des Abendlandes, sondern die Wirtschaftshoffnung der kommenden Jahre

Seine kurzen, mit spitzer Feder geschriebenen Aufsätze unterteilt der Autor in acht Kapitel: Von “Wachstum” über “Arbeit” und “Märkte” bis hin zum Zankapfel “Europa” kommen populäre Thesen auf den Prüfstand. Dass Müller dabei auch politisch Farbe bekennt, tut dem Buch gut – und öffnet vielleicht auch dem einen oder anderen Pegida-Mitläufer die Augen. Explizit widmet sich der Dortmunder Professor für wirtschaftspolitischen Journalismus der Angst vor Zuwanderung durch “Wirtschaftsflüchtlinge”: “Es gibt absolut keinen Grund, ausgerechnet jetzt in eine Das-Boot-ist-voll-Rhetorik zu verfallen. Der Anteil der Zuwanderer, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ist größer als der der eingeborenen deutschen Bevölkerung.”

Management-Journal – Fazit: “Wirtschaftsirrtümer” ist ein kluges Buch, das sich gegen den Schwall aus vereinfachten und polemischen Halbwahrheiten positioniert. Absolut lesenswert.

Oliver Ibelshäuser www.Management-Journal.de

müllerHenrik Müller: “Wirtschaftsirrtümer”, Campus 2014

>> Zu allen lieferbaren Ausgaben von “Wirtschaftsirrtümer” auf Managementbuch.de

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