Eine neue Sicht auf das Geld

Wer sich auf Ursachenforschung begibt, wie es zur großen Finanzkrise um das Jahr 2008 kommen konnte, der hört häufig etwas von “Gier” und einem falschen System, das an den Finanzmärkten geherrscht habe. Das genügt den meisten Menschen wahrscheinlich bereits. Alle, die dann noch tiefer einsteigen, werden auf Kontrollmechanismen verweisen, die versagt haben. Das gesamte System in Frage zu stellen, wagen wohl nur die wenigsten. Walter Schmidt ist so jemand. Denn er lädt die Leser von “Das neue Geld-Bewusstsein” zu einem Gedankenexperiment ein, das zu völlig neuen Einsichten über das Geld und unseren Umgang damit führt.

Geld und sein Wert an sich

Eine bequeme Lektüre darf der Leser nicht erwarten von einem Buch, das nicht weniger als viele uns selbstverständlich erscheinende Wahrheiten und Gesetzmäßigkeiten anzweifelt. Der Leser sollte bereit für neue Einsichten sein und dem Werk seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Denn bereits der Prolog des, trotz der Schwierigkeit des Themas, unterhaltend geschriebenen Titels, hat es in sich. Schmidt skizziert hier eine Geschichte des Geldes und geht dort auch auf die Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften zurück. Wie etwa das Postulat von John Locke, der dem Geld einen eigenen Wert in sich zuschrieb. Und er trägt gute Argumente dafür vor, mit diesen Begriffen vorsichtig zu operieren, denn einen Beweis für diesen dem Geld eigenen Wert konnte bisher niemals erbracht werden.

Letztlich handelt es sich für Walter Schmidt um Glaubenssätze, die die Basis der Finanzwelt bilden. Vielleicht macht er es sich gelegentlich auch zu einfach, wenn er versucht, zwischen den mathematischen Gesetzmäßigkeiten und dem realen Leben zu unterscheiden. Auf der anderen Seite geht er so auch an den Kern unseres bisherigen Wirtschaftens. Für ihn besitzt das Geld keinen Wert an sich, sondern hat nur die Funktion einer Dokumentation, die dem Besitzer erlaubt, nachzuweisen, dass er Güter in einem bestimmten Umfang erwerben darf.

Ein neues Bewusstsein als Grundlage für neues Wirtschaften

Schmidt hinterfragt die Dinge, und das macht er gut. So benennt er Problemstellungen, über die wir uns im Alltag gar keine Gedanken (mehr) machen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn er sehr anschaulich den Unterschied zwischen dem “Wert” des Geldes, den es nominell trägt, und dessen Kaufkraft herausarbeitet, oder den Handel mit Aktien als große Wette beschreibt, die weder etwas zum Wert eines Unternehmens noch dessen Weiterentwicklung beiträgt. Womit sich der Kreis zur bereits erwähnten Krise der Finanzmärkte schließt. Denn hier wurde auf die Wertentwicklung von Dingen gewettet, die es nur auf dem Papier gab.

Die Forderung nach neuem Wirtschaften: Demokratische Marktwirtschaft

Das neue Bewusstsein im Umgang mit Geld bildet für Schmidt die Grundlage eines neuen Wirtschaftssystems, das er demokratische Marktwirtschaft nennt. Aber keine Sorge, hier hat nicht erneut der Weltgeist einen neuen Karl Marx durchfahren. Was der Verfasser vorträgt, hat nichts mit Sozialismus zu tun, oder einer Forcierung von Enteignungen von Großunternehmen. Aber es geht ihm um die Schaffung von Strukturen in der Wirtschaft, die demokratischer sind und das aktuell herrschende Ungleichgewicht zwischen den Banken und Konzernen auf der einen Seite und uns Verbrauchern und Arbeitnehmern auf der anderen Seite korrigieren will. Und die Grundlagen dieses neuen Wirtschaftens klingen mehr als vernünftig, denn sie werden durch einen Dreiklang aus Vorsicht, Rücksichtnahme und Respekt gebildet.

Und mit diesem anderen Wirtschaften kann bereits heute jeder Leser unmittelbar nach der Lektüre des Buches beginnen.

Management-Journal-Fazit: Das Buch ist einerseits ein kühner Gedankenentwurf, auf der anderen Seite aber auch ein Impulsgeber, sich intensiver mit der Ethik in unserer (Finanz-)Wirtschaft zu beschäftigen. Ein lesenswertes Buch, das sich seinem Thema sprachlich geradezu erstaunlich leicht nähert.

Stephan Lamprecht

Das neue Geld-Bewusstsein

9.7

Lesbarkeit

10.0/10

Nutzwert

9.0/10

Anspruch

10.0/10

Pros

  • Kühnes Gedankenexperiment
  • Nachdenkenswert
  • Neue Gedanken zur Ethik in der Wirtschaft

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