Unter den Büchern, die sich mit der Digitalisierung der Wirtschaft beschäftigen, gibt es solche, deren Autoren ausschließlich ihre Eindrücke aus dem Silicon Valley beschreiben. Doch nur selten arbeiten deren Verfasser auch etwas heraus, das den Kern der dort herrschenden Innovationskraft beschreibt. So gewinnen die Leser vorschnell den Eindruck, als genüge es, Tischkicker und Sitzsäcke aufzustellen und in Zukunft auf Krawatten zu verzichten, um dann den Wandel erfolgreich begonnen zu haben.
Und dann gibt es noch die Autoren, die sich von dieser Oberflächlichkeit nicht blenden lassen, sondern die Digitalisierung als wichtigen Schritt erfassen, der sich aber nur durch Führung bewältigen lässt. Ulf Bosch, Stefan Hentschel und Steffen Kramer haben einen solchen Titel geschrieben.
Anspruch und Wirklichkeit bei der Digitalisierung
Die Chancen für die deutsche Wirtschaft, die sich aus der Digitalisierung ergeben, haben die Unternehmen durchaus erkannt. Und 62 Prozent der Firmen sehen sich auch auf Augenhöhe mit der Konkurrenz, wenn es um die digitale Transformation geht. Andererseits wird sie nur in 16 Prozent der Firmen konsequent umgesetzt, wie die Autoren erklären. Es besteht also eine deutliche Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Ein Buch über die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Innovationen kommt nicht ohne eine Rückschau auf die Entwicklung des international als Silicon Valley bekannten Landstrichs aus. Kurz und prägnant werden die Geschichte skizziert und vor allen Dingen die dort zusammentreffenden Faktoren benannt: Bildung, finanzielle Ressourcen, Gründermentalität und qualifizierte Mitarbeiter treffen hier in einer idealen Kombination aufeinander. Das dürfte insgesamt nur schwer zu kopieren sein.
Erfolgsfaktoren Unternehmenskultur und Führung
Aber aus Sicht der Autoren ist es auch gar nicht notwendig, in Deutschland zu versuchen, ein künstliches Valley zu errichten. Für die erfolgreiche digitale Transformation eines Unternehmens kommt es besonders auf die Unternehmenskultur an. Und die werde gerade auch von den Führungskräften geprägt.
Die Unternehmenskultur kann auch ein wichtiges Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb sein. Anders als rein digitale und technologische Ansätze kann sie auch nicht so leicht kopiert werden.
Ein Ratgeber auf dem Weg zu neuer Unternehmenskultur
Gekonnt und vor allen Dingen auch spannend geschrieben, beschreiben die drei Autoren den Weg in Richtung der digitalen Transformation. Sie erklären die aus Ihrer Sicht notwendigen Bausteine und belegen das gerade auch mit Beispielen von besonders erfolgreichen Unternehmen aus dem Valley.
Haben Sie beispielsweise schon einmal etwas von „gesunder Paranoia“ gehört? Damit ist gemeint, wachsam gegenüber technischen Neuerungen zu sein, die das eigene Geschäftsmodell betreffen. Denn um die Ecke könnte bereits ein Start-up an einer Idee arbeiten, die den bisherigen Unternehmenserfolg in Frage stellt. Diese Erkenntnis und Marktbeobachtungen dürfen dann aber nicht in puren Aktionismus führen, der alles Bewährte über Bord wirft.
Wer sich nicht nur theoretisch mit digitaler Transformation und Förderung von Innovationen in Unternehmen beschäftigen will, sollte dieses Buch lesen.
Management-Journal-Fazit: Eine intelligente und gut geschriebene Orientierungskarte zum digitalen (Führungs-) Wandel in Unternehmen. Ein Glücksfall für die Leser.
Stephan Lamprecht
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