In turbulenten Zeiten braucht es mutige, visionäre und risikofreudige Chefs? Nichts falscher als das, sagt Jim Collins, einer der weltweit wichtigsten Management-Strategen. Auch Innovationsfreude ist eine Tugend, die eher in den Abgrund als auf den Olymp führt. Und wer Schnelligkeit für das Mittel der Wahl hält, um Krisen zu trotzen, der verfügt allenfalls über „eine sichere Methode, um unterzugehen.“ Keine Polemik, sondern die Erkenntnis aus umfangreicher Forschungsarbeit, die der Bestsellerautor Jim Collins zusammen mit Morten T. Hansen jetzt in „Oben bleiben. Immer.“ veröffentlicht hat.
Angetreten zum Duell
Mit „Der Weg zu den Besten“ hat Jim Collins bereits einen Weltbesteller geschrieben. Damals ging es ihm darum, Outperformer zu finden. In „Oben bleiben. Immer“ hat er die Forschungsfrage verändert: Was machen Unternehmen, die eine Krise unbeschadet überstehen oder während einer Krise sogar wachsen anders als die anderen. Also hat sich sein Team in die Fakten gekniet und die erfolgreichen direkt mit den weniger erfolgreichen Unternehmen verglichen. So kommt es zu spannenden „Duellen“ zwischen Microsoft und Apple, zwischen Southwest-Airlines und PSA, Amgen und Genentech, Intel und AMD.
Die Erfolgreichen sind weder mutiger noch innovativer noch ehrgeiziger
Die Ergebnisse dürften allen Vorsichtigen im Lande runtergehen wie Öl. Denn sie sind eindeutig. Zwar gehört unbestritten eine gehörige Portion Mut oder sogar Naivität dazu, ein Unternehmen zu gründen, zu leiten oder umzubauen. Aber gerade, weil Gefahren im Prinzip an jeder Ecke lauern, ist es so wichtig, so wenig Risiken einzugehen, wie nur irgend möglich. Collins behauptet nicht, dass die Chefs erfolgreicher Unternehmen mutlose Angsthasen seien. Aber er sagt, dass sie „nicht kreativer, nicht in höherem Maße visionär, nicht charismatischer, nicht ehrgeiziger, nicht risikofreudiger, nicht heldenhafter, nicht mutiger“ sind, als die anderen, die weniger erfolgreichen Unternehmenslenker.
Rein in die Fakten
Was unterscheidet dann die Erfolgreichen von den anderen? Collins nennt es die Fähigkeit, „auf paradoxe Weise Kontrolle und Nicht-Kontrolle zu vereinbaren.“ Und natürlich „Disziplin“ und das bedeutet, „Konsequenz in Bezug auf das eigene Handeln, Konsequenz in Bezug auf Wertvorstellungen und langfristige Ziele“. Ein weiteres Merkmal der erfolgreichen Unternehmer drückt Jim Collins mit der etwas seltsamen Formel „empirische Kreativität“ aus. Dahinter steckt die Beobachtung, dass sich erfolgreiche Unternehmer intensiv mit allen nur irgendwie vorhandenen Daten und Fakten befassen ¿ und daraus ihre kreativen Schlüsse ziehen. Belastbare Daten statt Wolkenkuckucksheimen.
Wie Scott und Amundsen
Collins und Hansen präsentieren ihre Erkenntnisse spannend verpackt. So zeigen sie anhand der Unterschiede der beiden Polarforscher Scott und Amundsen, wichtige Strategien und Methoden auf (Scott experimentierte mit Ponys, die im Schnee versanken und Motorschlitten, die nach ein paar Metern ihren Geist aufgaben. Amundsen dagegen hatte sich Jahrzehnte vorbereitet, mit Eskimos gelebt, konnte perfekt mit Schlittenhunden umgehen und er plante vor allem immer genügend Reserven ein. Während Scott und der Rest seiner Truppe zehn Meilen vor dem Camp erfroren aufgefunden wurden.
Ein guter Rückhalt
Managementbuch.de – Fazit: „Oben bleiben. Immer.“ beschreibt grundlegende unternehmerische Verhaltensweisen, die vielerorts tagtäglich praktiziert werden (sonst gäbe es keine erfolgreichen Unternehmen). Umso besser, dass Collins den gesunden Menschenverstand unterfüttert. Mit interessanten Daten und spannenden Vergleichen. Sie tragen dazu bei, Unternehmern und Chefs Sicherheit auch bei unpopulären Handlungen zu verschaffen und sie darin zu bestärken, wenn es sein muss, auch gegen den Strom zu schwimmen.
Wolfgang Hanfstein, www.Managementbuch.de
Jim Collins, Morten T. Hansen; Oben bleiben. Immer. Great by Choice. Uncertainty, Chaos, and Luck – Why Some Thrive Despite Them All. Campus Verlag GmbH.
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