Die Zahlen sind alarmierend, aber nicht neu. 63 Prozent aller Mitarbeiter in der deutschen Wirtschaft sind emotional nicht mehr engagiert. Und jeder Dritte befindet sich auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, obwohl er an sich mit seiner Position zufrieden ist. Das alles zeugt nicht von einer sonderlich gefestigten Beziehung zum Arbeitgeber. Mitarbeiterbindung ist somit wichtiger als je, aber in vielen Unternehmen werden dazu einfach traditionelle Anreize und materielle Statussymbole genutzt. Der von der Firma gestellte Dienstwagen etwa, dessen Klasse sich nach dem Rang des Mitarbeiters bemisst.
Materielle Statussymbole haben ausgedient
Ob ein Dienstwagen tatsächlich die Bindung an das Unternehmen erhöhen kann? Da haben die beiden Autoren des Buches “Herzenssache Mitarbeiter” ihre (wohl berechtigten) Zweifel. Beispiel Generation Y. Deren Statussymbole sind Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Und immer mehr Menschen wünschen sich, in den eigenen vier Wänden arbeiten zu können. Sachlich, aber engagiert und mitreißend geschrieben, beginnt das Buch mit einer unaufgeregten Zustandsbeschreibung der Realität in Unternehmen und den Wünschen der Arbeitnehmer. Das Buch steckt voller pointierter Sätze. “Erfolg heißt sich ändern. Und Unternehmer müssen sich ändern, denn die Mitarbeiter haben es längst getan.”
Leidenschaftliches Plädoyer für einen Wandel
Der Leser merkt mit jeder Zeile, dass die beiden Autoren erfahrene Unternehmenslenker sind, die sich intensiv mit dem Thema Mitarbeiterbindung und Recruiting beschäftigt haben. Rund um das Thema Digitalisierung der Wirtschaft ist immer von technischen Systemen die Rede, aber viel zu selten von den Menschen, die diese Entwicklung mitgestalten. Mit leidenschaftlicher und fesselnder Sprache geht es in dem Buch um die Rolle von Führungskräften als Coach. Als Begleiter, der wie im Sport, andere zu Höchstleistungen anspornen kann. Und immer wieder gibt es überraschende Wendungen, wenn beispielsweise Unternehmen ein Firmen-Staging empfohlen wird, analog dem Home-Staging, wenn eine Immobilie verkauft werden soll. Denn es geht darum, den zukünftigen Mitarbeiter von Anfang an zu überzeugen. Oder wie es im Buch heißt: “Bewerber sind immer auch Kunden. Und Kunden sind nicht dumm.”
Vertauen, Wertschätzung und Geschenke
Die Autoren machen mit ihren Schilderungen Mut, und erläutern ihre Thesen und Ideen mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis (auch anderer Unternehmen). Im Kern geht es darum, den Mitarbeitern Wertschätzung gegenüber zu bringen, sie wie Partner zu behandeln, um vielleicht zu einem Familienunternehmen im besten Sinne zu werden. Hierbei spielt auch Vertrauen eine wichtige Rolle und kleine Geschenke, die aus Vertrauen heraus erwachsen. Keine Geschenke im materiellen Sinne, sondern eher ein Ansatz, wie ihn das bekannte Unternehmen Netflix fährt, in dem es die Mitarbeiter so viel arbeiten lässt, wie sie wollen. Und dabei trotzdem produktiv bleibt.
Management-Journal-Fazit: Mit Kraft und spürbar viel Leidenschaft geschrieben, ist “Herzenssache Mitarbeiter” ein lesenswertes Buch, das sich kenntnisreich für eine neue Unternehmenskultur in Unternehmen einsetzt. Sicherlich derzeit eines der besten Titel zum Thema.
Stephan Lamprecht
Edgar K. Geffroy, Doris Albiez: Herzenssache Mitarbeiter, Redline, 2016
Alle lieferbaren Ausgaben von “Herzenssache Mitarbeiter” bei managementbuch.de
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