Was Elon Musk noch lernen kann

Während diese Rezension entsteht, sorgt Elon Musk (einmal mehr) für Schlagzeilen. Denn dieser Tage kümmert er sich intensiv um die Plattform Twitter, die für einen zweistelligen Milliardenbetrag kaufen musste. Nachdem er vielleicht etwas vorschnell auf ebendieser Plattform den Aktionären ein Angebot unterbreitet hatte. Nun soll es aber nicht darum gehen, dass Musk sich im Umgang mit den neuen Mitarbeitenden rücksichtslos zeigt (knapp die Hälfte soll gehen und wurde per E-Mail gekündigt). Elon Musk dient Tobias Epple in seinem Buch als Sinnbild für eine Erscheinung, die sich als „Digitalisierungswahn“ bezeichnen lässt. Und der treibt tatsächlich merkwürdige Blüten.

Das Menetekel Wirecard und der schnelle Wohlstand von Influencern

Der Nutzen der Digitalisierung ist unbestritten. Sie erleichtert unser aller Leben, bringt neue Geschäftsmodelle hervor, hebt Effizienzen in Unternehmen und ist die Grundlage von Innovationen bei Produkten und Serviceangeboten. Doch zur Kehrseite der Digitalisierung zählen auch bemerkenswerte Erscheinungen. 

Wohl eher ungern werden sich die Befürworter des Unternehmens Wirecard an ihre Aussagen erinnern. Endlich käme hier mal ein Innovationsführer und digitaler Champion aus Deutschland. Der Glaube an die Überlegenheit dieses „Geschäftsmodells“ führte zu einer Marktkapitalisierung, die Wirecard zumindest theoretisch in die Lage versetzt hätte, ein Traditionsunternehmen wie die Deutsche Bank zu übernehmen. Wie sich herausgestellt hat, steckte nur leider keine Substanz dahinter.

Ohne Digitalisierung und digitale Plattformen gäbe es auch nicht die vielen jungen Menschen, die die „Aufmerksamkeitsökonomie“ ausnutzen und als Influencer binnen kürzester Zeit mehr Geld verdienen, als Angestellte in mehreren Jahren. Wovon wieder eine ganze Reihe von Personen prächtig lebt, weil sie die angeblichen Erfolgsrezepte verraten und so schnellen Reichtum ohne Arbeit versprechen. 

Wo sind die Tugenden – die Oma des Autors hält den Spiegel vor

Genau gegen diese Auswüchse wendet sich Tobias Epple in seinem Buch. Im Vorwort warnt er bereits „Silikon-Valley-Start-up-Verfechter“ und „fanatische New-Work-Anhänger“ vor der Lektüre. Diese könnte ihnen auf den Magen schlagen.

Epple ist aber kein Maschinenstürmer oder rückwärtsgewandter Geist. Nutzen und Vorteile der Digitalisierung erkennt er an. Aber das, was er schreibt, erinnert an vielen Stellen an das Kind aus Hans Christian Andersens Märchen vom Kaiser und dessen neuen Kleidern. Es war die einzige Person, die sich traute, die nackte Wahrheit auszusprechen. 

Und Gründe gibt es dafür genug: Denn die Start-up-Welt kennt genügend Unternehmen, die vor ihrem Börsengang mit Milliarden bewertet sind, aber letztlich nur Verluste schreiben. 

Digitales „Geld“ muss erst noch beweisen, ob es tatsächlich einen nachhaltigen Nutzen bringt. Aber bereits heute werden viele Milliarden darin angelegt. Diese Liste ließe sich noch weiter fortsetzen.

Und hier kommt dann die Oma von Tobias Epple ins Spiel.

Qualität und unternehmerische Tugenden werden sich durchsetzen

Was dieses Buch so nachdenkenswert und zugleich auch unterhaltsam macht, sind tatsächlich Sätze, die zum klassischen Fundus unserer Sprichwörter gehören (und viele junge Menschen vermutlich gar nicht mehr kennen). Und so taucht auch einmal ein „Wer billig kauft, kauft zweimal“ auf. 

Das ist mehr als Effekthascherei: Epple stellt in das Zentrum seines Werkes 10 klassische unternehmerische Tugenden, wie Loyalität, Zuverlässigkeit, Vertrauen, Fleiß, Zielstrebigkeit, soziale Kompetenz oder auch Verantwortung. Aktuell könnte sich Elon Musk gerade von den beiden letztgenannten eine größere Scheibe abschneiden. 

Es gelingt ihm dabei zu zeigen, dass Unternehmen, die echte Werte schaffen und hinter deren Vermögen und Bilanzen auch etwas steckt, genau diese Tugenden beherzigen. Und damit weist er nicht nur einen Weg für all die Evangelisten der Digitalisierung und selbst ernannten Innovationspäpste. 

Denn sein Buch prägt die Überzeugung, dass unternehmerische und menschliche Tugenden kein Widerspruch zur Digitalisierung sein müssen. Und auch nicht dürfen. 

Oder, wie die Oma von Epple sagen würde: Digitalisierung ist wichtig, aber nur, wenn sie richtig gemacht wird. 

Management-Journal-Fazit: Ein anregendes Buch, das der wichtigen Frage nachgeht, wie Unternehmen und Unternehmerinnen es schaffen, Neues und Altes zu kombinieren, um nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Noch dazu ist es flott und unterhaltsam geschrieben. Elon Musk wird es aber wohl leider trotzdem nicht lesen. 

Stephan Lamprecht

Was Elon Musk von meiner Oma lernen kann

10

Lesbarkeit

10.0/10

Nutzwert

10.0/10

Anspruch

10.0/10

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