Geschichten & Erkenntnisse aus dem Führungsalltag (die nicht im Lehrbuch stehen)

tacheles Es ist eine komplizierte und undankbare Aufgabe, Management-Techniken vollständig und praxisnah in einem Buch abzubilden. Gunnar M. Michael macht sich erst gar nicht die Mühe. Er geht konsequent den Weg in die andere Richtung: Er schildert in “Tacheles aus der Chef-Etage” Lösungsansätze für Konflikte aus dem Führungsalltag, die sich nicht aus Leitsätzen oder Management-Schablonen ableiten lassen. Die stattdessen mit Fingerspitzengefühl, Empathie und Weitsicht erarbeitet werden müssen. 50 knifflige Fallbeispiele hat er dafür zusammengetragen – alle real, denn in der Regel war der Autor selbst derjenige, der als verantwortliche Führungsfigur Verhandlungsgeschick beweisen musste. Das ging häufig gut wie bei dem Dilemma mit der Verteilung des ausnahmsweise kleinen Prämientopfes: Den Niederlassungsleiter Kasse machen und das Team leer ausgehen lassen? Oder umgekehrt? Michael hat eine bessere Idee: Er überträgt die Verteilungsmacht dem Abteilungsleiter selbst. Der soll entscheiden und die Logik dahinter seiner Mannschaft erklären. Clever und deeskalierend zugleich. Denn schlussendlich hat sich der Niederlassungsleiter selbst eine “0” verordnet – konnte sich aber kaum über die eigene Solidaritätsgeste beschweren, bei wem auch?

Vorsicht Fettnäpfchen

In anderen Fällen gingen seine gut gemeinten Vorstöße zur Verbesserung der Mitarbeitermotivation nach hinten los: Eine “Weihnachtsfeier, die am Freitagabend beginnt und am Samstagmorgen endet” ist keine gute Idee, auch dann nicht, wenn die Firma die Übernachtungen im schicken Hotel bezahlt. Das Wochenende ist vielen Arbeitnehmern heilig – das sollte überall akzeptiert werden. Auch knapp daneben war die Idee, auf dem Sommerfest gemeinsam zu kochen. Was als lustige Teambildungsmaßnahme gedacht war, endet mit Nörgelei: “Jetzt muss ich sogar meine Kartoffeln selber schälen, weil die Firma geizt.” Merke: Nicht jede gute Idee wird auch gut angenommen. Häufig lohnt es, den Blickwinkel zu ändern, bevor Entscheidungen getroffen und bekannt gegeben werden.

Vertrauen ist ein Muss – selbst wenn es hin und wieder enttäuscht wird

Dass es mit Management-Ratschlägen von der Stange im Alltag häufig nicht getan ist, weil der nun mal viel komplizierter abläuft als der 10-Punkte-Plan aus einem schlauen Ratgeber, belegt der Autor auch am Beispiel “Vertrauen”. Das, so Michael, ist selbstverständlich die wichtigste Tauscheinheit in der Kommunikation. Wer einen großzügigen Kredit an Vertrauen einräumt, darf auf hohe Zinsen in Form von Loyalität, Weiterempfehlungen und hohen Sympathiewerten rechnen. Trotzdem fällt man hin und wieder damit auf die Nase, weil der erste Eindruck doch nicht der richtige war. Und dann? Aufstehen, abputzen, weitermachen! “Möglicherweise werden Sie ab und zu enttäuscht und zahlen einen hohen Preis für das missbrauchte Vertrauen. Der Preis für eine Misstrauenskultur ist jedoch um ein Vielfaches höher.”

Management-Journal-Fazit: Gunnar Michael gibt eine Reihe sehr guter Management-Tipps, die in (fast allen) anderen Büchern fehlen. Weil Missverständnisse, Streitigkeiten und Enttäuschungen im Business nicht über Musterlösungen aus der Welt zu schaffen sind. Da wiegen Erfahrungswerte deutlich mehr. Michael hat sie und schildert sie höchst unterhaltsam und lehrreich in seinem erstklassigen Buch. Top-Empfehlung!

Oliver Ibelshäuser www.management-journal.de

 

Zum Buch: Gunnar M. Michael: “Tacheles aus der Chefetage”; Campus 2014

 

 

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