Nachdenken kann man nicht delegieren

“Stark in stürmischen Zeiten” sieht zwar nicht aus wie ein Managementbuch, ist aber trotzdem eins. Und zwar eines der außergewöhnlich guten Sorte. Es regt Unternehmer und Manager dazu an, ihren Job, ihre Aufgabe und ihren Auftrag in neuem Licht zu sehen. Heute ist es ja nicht unüblich, die vermutliche Lesedauer eines Buches anzugeben, damit die Lektüre gut in den Arbeitsalltag integriert werden kann. Für dieses Buch könnte man zwei bis drei Abende veranschlagen. Viel richtiger wäre es aber, zwei bis drei Jahre einzuplanen. Alles andere würde dem Buch nicht gerecht. Denn es ist kein Management-Ratgeber, sondern im besten Sinne ein Management-Nachdenkerbuch.

Kloster statt McKinsey

Bei dem Autorenduo ist das kein Wunder. Der eine, Bodo Janssen, hat bereits mit seinem letzten Buch “Die stille Revolution” für Aufmerksamkeit gesorgt. Der andere, Pater Anselm Grün, ist seit Jahren mit “Nachdenk-Literatur” auf den Bestsellerlisten zu finden. Kennengelernt haben sie sich, als der Hotelier Bodo Janssen sein Unternehmen vor dem Ruin retten und in eine neue Zeit führen musste – und durfte. Er ging nicht, wie üblich und naheliegend zu McKinsey. Janssen ging ins Kloster. Dort traf er auf Anselm Grün und lernte einen völlig neuen Blick auf sein Leben und Handeln kennen.

Führung ist eine Dienstleistung

Kern des Buches ist es, (Unternehmens)-Führung vor allem als Dienstleistung zu sehen, als Dienstleistung, die es den Mitarbeitern ermöglicht, einen guten Job zu machen UND gut zu leben. Der Begriff “Demut” taucht deshalb nicht zufällig immer wieder in diesem Buch auf. Man muss kein gläubiger Christ sein, um sich von Anselm Grün auf wesentliche Fragen stoßen zu lassen. Ein Beispiel: Zwar präsentieren viele Managementautoren den Rat, zuerst zu lernen, sich zuerst selbst zu führen, bevor man andere führt. Wenn aber Anselm Grün die Frage dazu packt: “Wohin führe ich mich denn?”, dann erhält das Nachdenken über Unternehmensführung plötzlich eine Tiefe, die vorher nicht da war.

Praxistest bestanden

Tauchte im zweiten Teil des Buches nicht Bodo Janssen auf, könnte man Anselm Grüns Ratschläge als gut gemeint, aber leider nicht umsetzbar abtun. Aber Bodo Janssen zeigt aber, dass Unternehmensführung, die von den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausgeht, erfolgreich sein kann. Zwar ging die Transformation in seinem Unternehmen nicht ganz reibungslos vonstatten. Aber unterm Strich hat Janssen ein Unternehmen geschaffen, in dem größtmögliche Freiräume auf klare Struktur treffen. Bis zum selbstbestimmten Gehalt und zu selbstbestimmten Unternehmenseinheiten lässt das flexible Modell viel Individualität zu. Konzeptionell sind Janssen und Grün im Bereich der New-Work-Bewegung zu verorten. Es geht ihnen um den Beweis, dass unternehmerischer Erfolg nicht Ziel des unternehmerischen Handelns sein muss, sondern Folge guten unternehmerischen Handelns sein wird.

Management-Journal-Fazit: Betrachtet man den Werdegang von Bodo Janssens Hotelkette mit fast 700 Mitarbeitern muss man den Hut ziehen, das Experiment hat funktioniert. Man wünscht sich deshalb, dass das Buch auf dem Tisch des einen oder andern Unternehmensführer landen möge. Gut, dass es solche Bücher gibt!

Wolfgang Hanfstein, www.Management-Journal.de

Bodo Janssen, Anselm Grün; Stark in stürmischen Zeiten. Die Kunst, sich selbst und andere zu führen. Random House

Stark in stürmischen Zeiten

10

Lesbarkeit

10.0/10

Nutzwert

10.0/10

Anspruch

10.0/10

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